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Wildlinge

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Leben mit einer „wilden" Katze
Auszug aus der Zeitschrift „our cats", 04/1999 Kolfenbach

Um die
vierte Lebenswoche durchleben Katzen die sogenannte Prägungsphase.
Alles, was von der Katzenmutter gelehrt wird, beginnt das Verhalten der Jungkatzen zu bestimmen, auch das dem Menschen gegenüber.

Verliert ein Katzenbaby die Mutter, bevor es darauf geprägt wurde, „Katze" zu sein und wird es von Menschenhand großgezogen, sieht sich das Kätzchen als dem Menschen zugehörig.
Diese Katzen sind lebenslang von ihm abhängig, das bedingt eine ganz besondere Verantwortung des Besitzers seiner Samtpfote gegenüber.

Haben Kinder einer freilebenden Katze bis zur ungefähr achten Lebenswoche gute Erfahrungen mit Menschen gesammelt, können sie sich durchaus zu schmusigen Hausgenossen entwickeln.

Ab der 10. Woche kann die Gewöhnung an den Menschen schwieriger werden und länger dauern.
Ein pauschaliertes Urteil darüber, ob eine Katze „zahm" wird oder nicht, läßt sich nicht fällen.
Katzen sind charakterlich absolut verschieden.
Die eine gewöhnt sich schnell an den Menschen, eine andere erst nach einigen Monaten, manche braucht sogar Jahre, bis sie sich über den Kopf streichen läßt.
Vor allem ältere Katzen, die nur frei gelebt haben, verweigern sich jeder menschlichen Annäherung.

Aber auch diese Katzen genießen ihr Leben, wenn verständnisvolle Katzenfreunde ihnen einen artgerechten Lebensraum überlassen oder zur Verfügung stellen, füttern, rechtzeitig kastrieren lassen, um nicht anstelle einer Katze ein ganzes Rudel zu haben, für warmen Unterschlupf sorgen, vor allem im Winter und sich bei Bedarf um die tierärztliche Versorgung kümmern.
Katzenfreunde, die sich mit „wilden Katzen" befassen und auskennen, haben ihre eigenen Methoden des sich „Näherkommens entwickelt.
Grundvoraussetzung ist Verständnis und Geduld für eine Katze, die dem Menschen mißtraut oder ihn sogar haßt.

Ein Katzenfreund hatte das Glück, ein scheues Katzenkind mit einer liebevollen, verschmusten absolut sozialen Erstkatze zu kombinieren.
Diese Katze akzeptierte den Neuling sofort und lehrte ihr durch ihr eigenes Verhalten, allmählich Vertrauen zum Menschen zu fassen.
Heute hat derjenige zwei verschmuste Schoßkatzen.

In unserem Beispiel nahm unsere Bekannte 4 Wildlinge einer überfahrenen Mutterkatze auf.
Das örtliche Tierheim nimmt nur vermittelbare Katzen auf, aber keine „wilden, nicht resozialisierbaren".
Es dauerte eine ganze Nacht, die Kleinen einzufangen.
Um sicherzugehen, dass die Miniaturtiger gesund sind, wurden sie dem Tierarzt vorgestellt.
Der Tierarzt war nicht sehr erfreut über die Kleinen, als sie mit angelegten Ohren, fauchend und spuckend die Krallen gegen ihn schwingen.

Sein erster Kommentar war, ob man sie jemals zähmen kann, ob es nicht besser wäre, sie einzuschläfern.
Da war er aber bei unserer Freundin an die richtige Adresse geraten.
Sie sagte ihm gehörig die Meinung.
Sie brachte sie in ein Zimmer, das sie extra dafür hergerichtet hat. Kuschelhöhlen, mehrere Katzentoiletten, Futterplatz, vernünftiges Katzenspielzeug, Kratzmatten und Kletterbaum warteten darauf, gebraucht zu werden.
Andere Unterschlupf-/Versteckmöglichkeiten wurden so gut wie möglich beseitigt.
Unsere Freundin setzte sich täglich zu ihren Kätzchen ins Zimmer, redet mit ihnen, spielt ausgiebig mit Ihnen.
Nach einiger Zeit verwendet sie, ganz, ganz vorsichtig als „verlängerten Arm" eine Spielangel (Ein Holzstab, an dem eine Schnur herabbaumelt).
Mit diesem Stab tastet sie sich vorsichtig an die Kleinen heran, berührt im Spiel vorsichtig die Pfoten, den Rücken.

Manchmal hält sie auch einen Mittagsschlaf bei ihnen. Nach einiger Zeit sind die Kätzchen so weit, daß sie Leckerbissen aus ihrer Hand nehmen.
Drei der Wildlinge werden langsam zutraulich und können in ein liebevolles Zuhause vermittelt werden.
Die vierte spuckt und faucht und beißt wie eh und je, bereit jedem und allem direkt ins Gesicht zu springen.
Drei Monate später wandelt sich das Bild.
Sie läßt sich vom Ehemann auf den Arm nehmen, aber nur von ihm.
Und auch nur, wenn sie gerade dazu aufgelegt ist. Hexe, wie das Kätzchen heißt, darf bleiben.
Noch zwei Monate später ist aus Hexe eine zahme, menschenbezogene Katze geworden.
Trotz aller Anfangsschwierigkeiten und mangelnder Prägung auf den Menschen in der sensiblen Phase hat sie Zugang zu Menschen gefunden.Inzwischen ist Hexe vier Jahre alt.
Sie ist immer noch sehr verspielt, ist absolut sauber und lebt in Harmonie mit den anderen Katzen in Haushalt.
Man merkt ihr nicht an, daß sie ein gezähmter Wildling ist.
Lediglich bei Fremden läuft sie weg und läßt sich nicht anfassen, aber das ist auch gut so.

Aus dem kleinen Wildling, über den ein Fachmann (Tierarzt) sehr selbstsicher das Todesurteil „da wird nie etwas draus" verhängt hätte, ist mit Geduld und Verständnis eine liebenswerte Katze geworden.

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